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Ein Bett, zwei Kassen

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Tomkat, dieses leicht bizarre Phänomen, ist nicht mehr. Tom Cruise und Katie Holmes lassen sich scheiden. Und während über die Gründe noch spekuliert wird, sind die Folgen schon klar, jedenfalls insoweit: Katie Holmes wird es nach der Scheidung finanziell gut gehen. Manche sagen: Besser als ohne Heirat, wobei sie allerdings von Katies bisherigen Einkünften als Schauspielerin ausgehen, und die sind seit der Hochzeit 2006 den Bach runter. Anyways, der Punkt ist: es existiert ein Prenuptial Agreement (kurz: Prenup), also ein Ehevertrag, der genau regelt, wer im Scheidungsfalle welche finanziellen Ansprüche geltend machen kann. Genauso wie damals bei Britney und Kevin Federline, inzwischen als Fed-Ex bekannt. Und im Gegensatz zum Beispiel zu Reese Witherspoon und Ryan Philippe. Die schlossen kein Prenuptial Agreement, bevor sie 1999 etwas überstürzt heirateten (da war Reese Witherspoon im fünften Monat schwanger). Das war gut für Philippe, denn Reese Witherspoon gehörte, als sich das Paar 2007 scheiden liess, zu den bestbezahlten Schauspielerinnen Hollywoods. Ohne Prenup aber werden sämtliche Einkünfte während der Ehe nach kalifornischem Recht im Falle einer Scheidung je zur Hälfte auf die Gatten verteilt.

Meldungen über Vermögensauseinandersetzungen bei spektakulären Scheidungen sind unser täglich Brot. Worüber hingegen so gut wie nie berichtet wird, ist: wie haben Britney und Kevin, Ryan und Reese, Tom und Katie eigentlich ihr Geld aufgeteilt, als sie noch verheiratet waren? Und es ist kein Wunder, dass man darüber so wenig erfährt, denn die innereheliche (oder innerpartnerschaftliche) Finanzgestaltung ist eines der letzten grossen Tabus in unserer beinahe alles aussprechenden Gesellschaft. Dabei ist es nicht selten das Finanzgebaren der einen oder anderen Seite während der Partnerschaft, das (neben Untreue) dann schliesslich einen der Haupttrennungsgründe darstellt. Rangiert als Scheidungsgrund weit vor dem Tod. Nur sehr junge Menschen glauben nämlich, dass Liebe Geldprobleme ewig aushält. Paare streiten gerne über Geld. Wie aber sollte man seine finanziellen Verhältnisse in einer Lebensgemeinschaft regeln? Ist die Regelung zum Beispiel abhängig von der Dauer der Partnerschaft oder einem Wohlstandsgefälle zwischen den Partnern? Und wer darf was wofür ausgeben?

Gemeinsames Konto als Liebesbeweis

Zunächst ist es erstaunlich, wie viele Paare in Westeuropa Geld und Liebe vollkommen trennen. Während es mit unserem medial forcierten Ideal von wahrer Romantik beispielsweise nur schwer vereinbar ist, dass ein Paar keinen einzigen gemeinsamen Wohnsitz hat, ist es offenbar für viele Paare kein Problem, kein gemeinsames Konto zu besitzen. Vom völligen Zusammenlegen der Finanzen ganz zu schweigen. Die völlige Zusammenlegung der Finanzen gilt offenbar in unseren Breiten als dermassen ausgeprägter Liebesbeweis, dass ein gemeinsames Konto zum Beispiel von schweizerischen Einwanderungsbehörden als gutes Argument für das tatsächliche Vorhandensein einer Beziehung gewertet wird, wenn es darum geht, Scheinehen etwa aus aufenthaltsrechtlichen Gründen aufzudecken.

Getrennte Kassen bis dass der Tod scheidend eingreift – das ist die stillschweigende Selbstverständlichkeit, über die weder innerhalb noch ausserhalb der Beziehung viel geredet wird. Dass man Geld und Liebe als Gegensatzpaar begreift, führt offenbar zu dem widersinnigen Schluss, dass jeder auf seinem Geld sitzen bleibt. Üblicherweise wird Geld, das als Thema für die meisten Menschen ohnehin peinlich besetzt ist, in Partnerschaften einfach ausgeklammert. Das heisst: Jeder macht mit seinem Geld weiter wie bisher, und die Peinlichkeit von regelmässigen Abrechnungen und Quittungsvergleichen ausgerechnet mit jenem Menschen, der einem offiziell der liebste von allen ist, wird ohne weiteres in Kauf genommen. Oder gar nicht verspürt. «Du bist die Liebe meines Lebens, aber ich hätte gerne getrennte Schlafzimmer», würde wohl für die meisten Leute irritierend klingen – «Du bist die Liebe meines Lebens, aber ich verdiene dreimal so viel wie du, und deshalb hätte ich gerne getrennte Kassen» hingegen würden viele akzeptieren, obschon es, das muss mal deutlich gesagt werden, vollkommen unakzeptabel, kleinkariert und vertrauenslos ist.

Vertrauen ist überhaupt das Entscheidende. Vertrauen ist neben Humor die einzige dauerhafte Grundlage menschlicher Beziehungen, und wenn man sich vertraut, wird das Leben als Paar durch gemeinsame Finanzen organisatorisch sehr viel einfacher, während andererseits keine Gefahr besteht, dass ein Partner unvermittelt einen Aston Martin kauft, ohne den anderen zu konsultieren. Wenn man sich nicht vertraut, sollte man natürlich von gemeinsamen Konten absehen, da haben die Leute völlig Recht – aber zwei Leute, die sich nicht vertrauen, sollten vor allem auch keine Beziehung führen, und dieser Folgeschluss ist offenbar für die meisten Menschen schwieriger. Denn schwierig zu befolgen ist offenbar die alte goldene Regel Disconnect Before It’s Too Late (DBITL), erst kürzlich wiederholt von Chloe McGruff in «Don’t Trust The B».

Geld und Geschlecht

Natürlich fördert es in finanziellen Belangen das Vertrauen, wenn beide Partner etwa gleich viel verdienen und etwa das gleiche Ausgangskapital mit in die Beziehung einbringen. Dafür sind heutzutage die Voraussetzungen in unserer Gesellschaft besser als jemals zuvor, denn wir leben nicht mehr in Zeiten, zu denen die einzige Möglichkeit für Frauen, ein komfortables Einkommen zu erzielen, in einer lukrativen Versorgungsheirat besteht. Wenn aber auch die gesellschaftliche Wirklichkeit nicht mehr dergestalt strukturiert ist, dass der Mann das Geld verdient und die Frau es ausgibt, so bleibt es doch zweifellos richtig, dass Frauen und Männer einen unterschiedlichen Umgang mit Geld pflegen, was dafür verantwortlich sein könnte, dass zwischen den Geschlechtern immer noch (unbewusstes) Misstrauen vorhanden ist. Es gibt wissenschaftliche Evidenz dafür, dass sich sowohl das Konsum- wie auch das Spar- bzw. Investitionsverhalten von Frauen signifikant von dem von Männern unterschiedet. Zwar dürfte es eher ins Reich der Klischees gehören, dass Männer gerne mal spontan einen halben Heimwerkermarkt leerkaufen oder einen Hang zu sinnlosen, pseudo-technischen Gimmicks haben. Erwiesen hingegen ist, dass für Männer das Prestige von Kaufobjekten wichtig ist und sie grundsätzlich eher mit einem bestimmten Kaufziel Geschäfte ansteuern, während Frauen einen Laden vor allem auch betreten, um sich mal umzusehen. Frauen kaufen auch Statusobjekte wie Schmuck nicht in erster Linie, um ihre soziale Geltung zu erhöhen, sondern um hübscher auszusehen. (Früher, als regelmässig der Mann den Schmuck bezahlte, konnten Frauen leichter grössere Juwelen durchsetzen, wenn sie die Ausgaben als Repräsentationskosten deklarierten. Das ist die zeitlose Logik von Lorelei Lee, die übrigens auch heute noch in bestimmten Gesellschaftssphären ihre Gültigkeit hat. Hierzu passt irgendwie dieses Zitat einer südafrikanischen Diamantenhändlerin: «Women prefer size over quality.» Aber das ist wieder eine andere Geschichte.) Was das Investitions- und Sparverhalten angeht, so bevorzugen Frauen etwa nach den Forschungsergebnissen der Ökonomin Renate Schubert von der ETH Zürich tendenziell eher konventionelle, das heisst weniger risikobehaftete Anlagen als Männer.

Während man also schon aufgrund dieser Feststellungen nicht davon ausgehen kann, dass ein Geschlecht a priori leichtfertiger mit dem Geld umginge als das andere, so sind es übrigens nicht selten die Frauen, die auf getrennte Kassen Wert legen, weil ihnen das Gefühl der Unabhängigkeit besonders wichtig ist. «Das ist mein Geld, und ich kann damit machen, was ich will!» ist eine häufig von Frauen gehörte Rechtfertigung für den finanziellen Alleingang auch in der Partnerschaft. Abgesehen jedoch davon, dass diese Unabhängigkeit ja bloss infolge der Einführung gemeinsamer Finanzen nicht automatisch erlischt – ist die strikte finanzielle Trennung in aller Regel unökonomisch, da ihrerseits mit Kosten verbunden. Allerdings handelt es sich hier regelmässig um sogenannte Opportunitätskosten, und das ist ein Konzept aus der Sphäre der Wirtschaftswissenschaften, das absurderweise gerade den schlimmsten Geizkrägen sehr selten einsichtig gemacht werden kann.

Die Unwirtschaftlichkeit von Geiz

Opportunitätskosten beziffern den entgangenen Nutzen, der mit der Entscheidung für eine bestimmte Handlung stets verbunden ist. Ein kleinlicher Umgang mit Geld zeichnet sich nun in aller Regel dadurch aus, dass die Betroffenen die eigene Zeit mit nahezu Null bewerten. Ein richtiger Rappenspalter wird zum Beispiel lieber drei Stunden lang sein Auto selbst waschen als dafür 39 Franken in der Waschanlage auszugeben, obschon dies bedeutet, dass er seine eigene entgangene Freizeit mit unter 13 Franken pro Stunde bewertet (wenn man unterstellt, dass ihm das Autowaschen an sich keinen Spass macht und die Waschanlage praktisch keine Zeit kostet). Wenn man nun also getrennte Kassen in der Ehe aus ökonomischer Perspektive betrachtet, so sind mit den wechselseitigen Abrechnungen, Nachweisen, Kontrollen, ggf. auch strategischen Spielen und kleineren weissen und grösseren grauen Lügen so erhebliche Kosten, vor allem Zeitkosten und emotionale Kosten verbunden, dass jeder vernünftige (d. h. hier: ökonomisch rational handelnde) Mensch sofort davon Abstand nehmen müsste. Doch viele Menschen haben, wie gesagt, ein unterentwickeltes Gespür für ihre eigenen Zeit- und Nervenkosten und ein überentwickeltes Gespür für die absoluten 39 Franken. Aber – möchten Sie mit so einem Wesen zusammenleben? Oder tun Sie das vielleicht schon? Dann darf ich mal an Chloe erinnern: Disconnect Before It’s Too Late.


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